Tourismuspolitik
Grossanlässe als Wachstumsmotor für den Städtetourismus
In Basel läuft immer viel. Nebst den wiederkehrenden Grossanlässen wie der Fasnacht, der Art Basel und der Herbstmesse, fanden dieses Jahr zudem noch der Eurovision Song Contest (ESC) statt und mehrere Spiele der Fussballeuropameisterschaft der Frauen (WEURO) wurden im St. Jakobs-Park ausgetragen, darunter das Eröffnungs- und das Finalspiel. Damit kamen Grossanlässe mit weltweiter Strahlkraft, einem internationalen Publikum und einiges an Organisationsaufwand auf die Stadt zu. In einem Interview mit Letizia Elia, CEO von Basel Tourismus sprechen wir über Herausforderungen, Höhepunkte und die Bedeutung von Grossanlässe für den Städtetourismus.
Frau Elia, Sie haben bei Basel Tourismus gerade einen strengen Sommer hinter sich: ESC Ende Mai, die Art Basel im Juni, dicht gefolgt von der WEURO im Juli. Konnten Sie sich wieder ein wenig erholen?
Ganz ehrlich – die Energie dieses Sommers wirkt noch nach. Es war intensiv, aber auch unglaublich erfüllend. Basel war in diesen Monaten ein Treffpunkt der Welt. Wenn man sieht, wie viel Begeisterung solche Momente auslösen, dann weiss man, warum man diesen Job macht. Und ja, auch ich konnte in der Zwischenzeit wieder Energie tanken.
Welche Bedeutung hatten diese Grossanlässe für die Tourismusdestination Basel?
Eine sehr grosse. Solche Anlässe sind für uns weit mehr als kurzfristige Besuchermagnete – sie stärken das internationale Image und hinterlassen nachhaltige Spuren. Der ESC und die UEFA Women’s Euro haben eindrücklich gezeigt, dass Basel Grossveranstaltungen kann. Damit wurden drei wichtige Dinge erreicht: eine hohe wirtschaftliche Wertschöpfung, eine deutliche Steigerung der internationalen Bekanntheit und eine klare Positionierung Basels als Ort für Grossveranstaltungen von Weltrang. Gleichzeitig war die Stadt durch die Art Basel auch wieder das, was sie seit Jahren ist: ein kulturelles Zentrum mit internationaler Strahlkraft. Dieses Zusammenspiel ist unbezahlbar für die Marke Basel.
Wie wurden die Hotellerie, Gastronomie und das Gewerbe der Stadt in die Planung und die Vorbereitungen der Anlässe miteinbezogen?
Uns war wichtig, dass die gesamte Branche Teil des Prozesses ist. Wir haben regelmässig Informations- und Austauschformate angeboten, damit Betriebe sich optimal vorbereiten konnten – sei es in Bezug auf Logistik, Gästeprofile oder Buchungslagen. Basel Tourismus versteht sich hier als Bindeglied zwischen Stadt, Veranstaltern und Wirtschaft. Diese enge Zusammenarbeit hat sehr gut funktioniert. Insbesondere bei den Grossevents wurde die Bevölkerung regelmässig und transparent über Planung und Abläufe informiert.
Welche Rückmeldungen haben Sie aus den Branchen erhalten?
Die Rückmeldungen waren insgesamt sehr positiv. Viele Betriebe berichteten von neuen Gästen, internationalem Publikum und einer besonderen Stimmung in der Stadt. Natürlich war es auch herausfordernd – etwa in der Personalplanung, der Beschaffung oder der Logistik. Und wir müssen ehrlich sagen: Nicht alle Betriebe konnten im gleichen Ausmass profitieren. Besonders stark war der Effekt bei jenen, die entlang der Hauptachsen der Veranstaltungen oder rund um die offiziellen Eventplätze lagen. Insgesamt war die Stimmung jedoch von Stolz und Motivation geprägt. Besonders erfreulich war das Feedback der Gäste: Basel wurde als lebendige, sichere und hervorragend organisierte Stadt wahrgenommen.
Und wie steht es um die Akzeptanz der Bevölkerung für Grossanlässe? Wie war die Stimmung davor und gab es Reaktionen nach den Anlässen?
Der ESC in Basel war der erste Eurovision Song Contest, der zuvor von der Bevölkerung an der Urne bestätigt wurde – ein starkes Zeichen. Diese demokratische Legitimation verlieh dem Anlass besondere Bedeutung: Die Bevölkerung sagte bewusst Ja zu einem Event mit internationaler Strahlkraft und bekannte sich zu Offenheit und Gastfreundschaft. Natürlich gab es auch einzelne kritische Stimmen, doch insgesamt war die Stimmung unglaublich positiv. Nach dem ESC war der Stolz spürbar, viele empfanden es als einmaliges Erlebnis. Auch die UEFA Women’s Euro begeisterte und stärkte den Frauenfussball nachhaltig. Besonders erfreulich war die rege Teilnahme an den zahlreichen, inklusiven und kostenfreien Angeboten für die Bevölkerung, die wir geschaffen haben.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den städtischen Behörden und gab es auch Kontakte zu Verbänden und übergeordneten Organisationen (z.B. UEFA)?
Sehr partnerschaftlich. Ein Erfolgsgeheimnis sind sicherlich die kurzen Wege in Basel. Wir haben mit den städtischen Stellen eng zusammengearbeitet, und das Zusammenspiel mit Organisationen wie der UEFA oder der SRG und EBU war professionell und konstruktiv. Basel konnte sich als zuverlässige Gastgeberin positionieren. Das wurde uns von allen Seiten bestätigt. Gleichzeitig haben auch wir als Organisation viel profitiert und uns durch die enge Zusammenarbeit und den Austausch weiterentwickelt.
Mit welchen Herausforderungen und politischen Hürden sahen Sie sich konfrontiert? Wie haben Sie diese gemeistert?
Eine der ersten Hürden, die wir überwunden haben, war die Volksabstimmung zum ESC. Die Bevölkerung hat sich bewusst hinter das Projekt gestellt. Das war ein starkes Signal, aber auch ein Auftrag: Jeder eingesetzte Steuerfranken musste nachvollziehbar begründet und effizient eingesetzt werden. Budgettransparenz und offene Kommunikation waren deshalb zentrale Erfolgsfaktoren. Insgesamt lag die grösste Herausforderung in der Koordination und im Erwartungsmanagement. Solche Projekte bewegen viele Akteure, da braucht es Vertrauen, Klarheit und auch den Mut gross zu denken. Dank des starken Rückhalts der Stadt und der klaren Rollenverteilung konnten wir aber alle Themen lösungsorientiert angehen.
Wenn ihr auf die vergangenen Anlässe in diesem Jahr zurückblickt: Worauf seid ihr besonders stolz?
Auf das Miteinander. Dass wir als Verein, Verwaltung, Wirtschaft, Tourismusbranche und Bevölkerung gemeinsam gezeigt haben, was Basel leisten kann. Ein Beispiel dafür war, wie schnell und lösungsorientiert der FC Basel reagiert hat, als klar wurde, dass für den ESC eine grosse Eventfläche gebraucht würde. Innerhalb weniger Tage stand fest, dass das Stadion als Austragungsort zur Verfügung steht. Dieses Engagement war sinnbildlich für den Basler Zusammenhalt. Schön war auch, wie begeistert die Gäste von Basel waren, das zeigte sich in der breiten, positiven Berichterstattung über die Stadt, die weit über den Event selbst hinausging. Basel hat sich als lebendige, professionelle und herzliche Gastgeberin präsentiert. Das ist ein starkes Signal für zukünftige Grossanlässe.
Basel Tourismus ist die Destinationsmanagement-Organisation der Stadt Basel. Sie fördert den nachhaltigen Städtetourismus, stärkt die lokale Wertschöpfung und positioniert Basel als inspirierende Kultur-, Freizeit-, Kongress- und Eventdestination im In- und Ausland.
Dieses Interview mit Letizia Elia von Basel Tourismus ist im Rahmen einer Content-Serie für den Newsletter Tourismuspolitik zum Thema Grossanlässe entstanden.
Aktuelles
Alle anzeigen
Webinar «Sustainable Travel Finland: Einblicke und Erfahrungen aus Finnland»
Stellungnahme zu der Standesinitiative «Zeitlich befristete Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten»
Swisstainable-Hub | Good-Practice-Beispiele im Oktober
Der STV begrüsst das Vertragspaket mit der EU
Gesetzgebungen Nachhaltigkeit
Newsletter