Tourismuspolitik
Naturkatastrophen und Tourismus – Umgang mit Risiken und Schäden
In touristisch attraktiven Regionen ist die Gefahr von katastrophalen Naturereignissen besonders gross. Der Felssturz in Blatten (VS) im Mai 2025 und die Unwetter im Sommer 2024 haben die Verwundbarkeit vieler alpiner Destinationen deutlich gemacht. Hotels wurden zerstört, Verkehrsverbindungen unterbrochen, Buchungen storniert und die Berichterstattung kann Menschen auch längerfristig vor Ferien in den betroffenen Regionen abhalten, sodass die Auswirkungen weit über die eigentlichen Schadensgebiete hinaus reichen.
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Mit dem Klimawandel steigen Häufigkeit und Intensität von Wetterextremen und Naturereignissen wie Felsstürzen, Überschwemmungen oder Hitzewellen. Besonders gefährdet sind die Alpen und Voralpen. Doch auch Flachlandregionen sind nicht ausgenommen. In die Prävention hat die Schweiz in den letzten Jahren bereits viel investiert. In tatsächlichen Katastrophenfällen gibt es bei der Unterstützung jedoch noch einige Lücken, die auch den Tourismus betreffen.
Indirekte Schäden werden oft unterschätzt
Zerstörte Gebäude und beschädigte Infrastruktur – diese direkten Schäden sind schwerwiegend. In den meisten Fällen werden sie jedoch durch eine Versicherung abgedeckt. Schwieriger ist die Situation bei indirekten Schäden, die oft ebenfalls schwerwiegen, jedoch nicht zwingend versichert sind. Indirekte Schäden treten auf, wenn ein Schadenereignis Bedingungen verändert und als Folge daraus Verluste entstehen, wie ausbleibende Gäste, geschlossene Zufahrtswege oder lückenhafte Lieferketten. Gerade für touristische KMU kann dies existenzbedrohend sein – auch wenn der Betrieb selbst von der Katastrophe verschont blieb. Ein Ereignis kann sich so auf die ganze Wertschöpfungskette des Tourismus auswirken.
Prävention und Risiko-Management
Die Schweiz ist international führend im Bereich Naturgefahren-Monitoring und Frühwarnsysteme. Dank rechtzeitiger Evakuierungen wie in Brienz und Blatten konnten Menschenleben gerettet werden. Schutzbauten wie Wälle, Fangnetze oder Hangsicherungen gehören zum Standard, doch nicht alle Risiken lassen sich kontrollieren – insbesondere bei Grossereignissen, wie beispielsweise in Blatten. Um den Umgang mit Naturkatastrophen besser zu koordinieren und auf strategischer Ebene zu verbessern, hat der Bund 1997 die «Nationale Plattform Naturgefahren PLANAT» ins Leben gerufen. Für touristische Regionen lohnt es sich, lokale Risikomanagementpläne mit regionalen Behörden abzustimmen und aktiv in Schutzinfrastruktur zu investieren.
Föderalistisch organisierte Hilfestellung
Die Hilfe bei Naturkatastrophen erfolgt in der Schweiz föderalistisch organisiert:
Gemeinden helfen sich selbst,
werden zusätzlich vom Kanton unterstützt
und dann allenfalls vom Bund.
Der Bund kann nur in Ausnahmefällen direkt finanzielle Hilfe leisten. So mussten die 5 Millionen Franken für Blatten im parlamentarischen Eilprozess per Sondergesetz bewilligt werden. Weitere staatliche Hilfen umfassen Zivilschutz- und Militäreinsätze, Kurzarbeitsentschädigungen oder Fördergelder aus der Regional-, Landwirtschafts- oder Tourismuspolitik. Auch beim Wiederaufbau sind oftmals verschiedene Bundesämter involviert.
Nicht nur die öffentliche Hand leistet in Schadenfällen Unterstützung. Direkte Schäden werden oftmals über Gebäude- und Hausratversicherungen abgedeckt, die weit verbreitet und gesetzlich vorgeschrieben sind. Bei indirekten Schäden können Betriebsunterbrechungsversicherungen haften, diese sind jedoch nicht vorgeschrieben und können sehr kostspielig sein.
Politische Auswirkungen
Die Ereignisse der vergangenen Jahre haben politische Reaktionen ausgelöst. Insbesondere zwei Postulate, die in der Sommersession 2025 eingereicht wurden (25.3669 und 25.3891) berücksichtigen Bedürfnisse des Tourismus. Sie fordern eine Überprüfung und Klärung der gesetzlichen Grundlage, um eine klare gesetzliche Ausgangslage für schnellere Hilfen und die Unterstützung von indirekt betroffenen Unternehmen zu schaffen.
Der Schweizer Tourismus-Verband hat sich im Rahmen des zweimal jährlich stattfindenden Rendez-vous Touristique gemeinsam mit Politiker:innen und Vertreter:innen aus dem Sektor über die Folgen von Naturkatastrophen und deren Auswirkungen auf den Tourismus ausgetauscht. Sehr eindrücklich waren dabei das Inputreferat von Eric Bianco, Leiter der Dienststelle für Wirtschaft, Tourismus und Innovation des Kantons Wallis und der Erfahrungsbericht von Lukas Kalbermatten, Hotelier aus Blatten, dessen Hotel vom Bergsturz im Mai zerstört wurde. Die beiden Referenten waren sich einig, dass die rasche Erholung des Tourismus in Blatten wichtig für das ganze Tal ist. Denn der Tourismus leistet einen zentralen Beitrag zur Wirtschaftsleistung und die Arbeitsplätze werde man kaum anderweitig ersetzen können.
Immer wieder entbrennt nach Katastrophen die Debatte über die Zukunft der Alpen als Lebens- und Tourismusraum. Doch die Berggebiete sind identitätsstiftend und prägen die Schweiz kulturell, landschaftlich sowie touristisch. Die Berggebiete sind ein Hauptargument der touristischen Schweiz. Ihre Zugänglichkeit, Sicherheit und Attraktivität zu sichern ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für die nationale Identität und den wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz sowie des Schweizer Tourismus.
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Lea Boller
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