Tourismuspolitik
Wissenschaftlicher Leitfaden für Nachhaltigkeit, Innovation und Vermächtnis von Grossveranstaltungen (NIV)
Grossveranstaltungen haben in der Schweiz eine hohe Bedeutung. Sport-, Kultur- und Wirtschaftsanlässe lösen ökonomische Effekte aus, schaffen mediale Aufmerksamkeit und prägen das Image von Destinationen langfristig. Die Ski-Weltcups in Adelboden und Wengen, das Montreaux Jazz Festival oder die Art Basel sind nur einige erfolgreiche Beispiele.
Gastbeitrag von Anna Mehr-Wallebohr, Dozentin an der Hochschule Luzern – Wirtschaft
Als Teil des touristischen Angebots leisten Veranstaltungen einen wesentlichen Beitrag zur Positionierung einer Destination. Dies gelingt besonders, wenn sie gezielt in die Destinationsstrategie und Standortentwicklung eingebettet sind. Ein erfolgreiches Beispiel ist Lenzerheide: Durch die gezielte Austragung von Mountainbike- und Biathlon-Weltcups sowie Weltmeisterschaften positioniert sich die Region erfolgreich als Sportdestination für Leistungs- und Breitensport.
Eine Eventstrategie bildet die Grundlage, um Events als strategisches Instrument der Destinationsentwicklung zu nutzen. Sie definiert klare Ziele, ein ausgewogenes Portfolio mit unterschiedlichen Formaten – von lokalen Anlässen bis hin zu internationalen Grossveranstaltungen – und ermöglicht so eine gezielte Profilierung. Auf diese Weise profitieren Städte und Austragungsregionen nicht nur kurzfristig von wirtschaftlichen Effekten, sondern auch langfristig durch gesteigerte Bekanntheit und positive Imageeffekte.
NIV-Leitfaden: Nachhaltigkeit und Vermächtnis als Planungsgrundlage
Während auf Destinationsebene eine Eventstrategie die Gesamtausrichtung vorgibt, stellt sich auf Ebene des einzelnen Grossanlasses die Frage, wie dieser selbst langfristige Wirkungen erzielen kann. Hier setzt der Leitfaden für Nachhaltigkeit, Innovation und Vermächtnis (NIV) von Grossveranstaltungen an: Er bietet ein praxisorientiertes Konzept, das Nachhaltigkeit und Vermächtnis systematisch in die Planung integriert. Er wurde im Rahmen der Olympiakandidatur Graubünden 2022 entwickelt, erstmals bei der Alpinen Ski-WM St. Moritz 2017 erprobt und bei der Rad- und Para-Cycling-Strassen-WM Zürich 2024 angewendet. Der Leitfaden berücksichtigt ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte sowie das Management und zielt darauf ab, durch innovative Projekte ein Vermächtnis zu schaffen. Damit werden die langfristigen Wirkungen eines Anlasses in den Fokus der Planung und Organisation des Grossanlasses gerückt.
Der NIV-Leitfaden gliedert die Planung und Durchführung in zehn Handlungsfelder. Diese reichen von der Stakeholder-Identifikation über die Entwicklung einer Vision und Nachhaltigkeitscharta bis hin zur Projektumsetzung. Anspruchsgruppen wie Tourismusorganisationen, politische Entscheidungsträger, die Bevölkerung und Wirtschaft werden von Anfang an in die Planung einbezogen. Dies ermöglicht, Projekte und Massnahmen zu entwickeln, finanzieren und umzusetzen, die über den eigentlichen Anlass hinaus Bestand haben. Eine systematische Analyse schafft Transparenz und liefert wichtige Erkenntnisse für zukünftige Anlässe.
Die Anwendung des Leitfadens hat gezeigt, dass Events eine Plattform bieten, um langfristige Wirkungen auszulösen. Entscheidend für den Erfolg ist eine frühzeitige Planung (je grösser der Anlass, desto früher) und eine breit abgestützte Finanzierung.
Anna Mehr-Wallebohr ist Dozentin an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen u.a. in der strategischen Begleitung sowie der Durchführung von Wirkungsanalysen zu Veranstaltungen. Gemeinsam mit Jürg Stettler und Hansruedi Müller hat sie den NIV-Leitfaden (Nachhaltigkeit, Innovation und Vermächtnis) erarbeitet.
Dieser Gastbeitrag ist im Rahmen einer Content-Serie für den Newsletter Tourismuspolitik zum Thema Grossanlässe entstanden.
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