Tourismuspolitik
Ausblick auf zukünftige Grossanlässe in der Schweiz
Chancen und Herausforderungen am Beispiel der Olympischen und Paralympischen Winterspiele
Für den Tourismus bieten Grossanlässe eine wertvolle Plattform, um neue Zielgruppen zu erreichen, bestehende Angebote zu stärken und die Schweiz als attraktives Reiseland zu positionieren. Doch der Weg dorthin erfordert Geduld und ein gemeinsames Verständnis dafür, dass solche Anlässe nur dann erfolgreich sind, wenn sie breit abgestützt, sorgfältig geplant und mit Blick auf die Zukunft realisiert werden.
Grossanlässe wie Olympische oder Paralympische Winterspiele sind weit mehr als sportliche Ereignisse – sie sind Katalysatoren für Innovation, Identität und nachhaltige Entwicklung. Aus touristischer Sicht bieten diese ein grosses Potenzial: Sie fördern die Sichtbarkeit von Regionen, stärken das Image der Schweiz im Ausland und können neue Impulse für Infrastruktur, Digitalisierung und Nachhaltigkeit setzen. Sie bringen nicht nur zusätzliche Gäste, sondern wirken langfristig auf das Standortmarketing und die Angebotsentwicklung. Für die Schweiz eröffnen sie darüber hinaus die Möglichkeit, sich international als führende Sport- und Tourismusdestination zu positionieren. Doch der Weg dorthin ist komplex und verlangt politische und gesellschaftliche Ausdauer.
Nachhaltigkeit durch Dezentralisierung
Nachhaltigkeit ist für den STV eine essenzielle Grundvoraussetzung für die Durchführung von Grossanlässen. «Für erfolgreiche Spiele braucht es ein starkes Fundament aus ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit», sagt auch Frédéric Favre, CEO von Switzerland 2038. Er und sein Team arbeiten daran, die Olympischen Winterspiele 2038 in die Schweiz zu holen und verfolgen dabei ein dezentrales Konzept, das auf bestehenden Sportstätten und vorhandenen Ressourcen aufbaut – getragen von nationalen Wintersportverbänden und kantonsübergreifend organisiert.
Dezentralität ist in ihren Augen das zentrale Erfolgselement für einen modernen Grossanlass: Statt wenige Zentren zu überlasten, sollen die Wettkämpfe auf mehrere Regionen verteilt werden. «Der dezentrale Ansatz setzt konsequent auf bestehende Sportstätten in mehreren Kantonen und reduziert damit Umweltbelastungen sowie den Neubau von Infrastrukturen», betont Favre. Damit entsteht Akzeptanz und Identifikation in der ganzen Schweiz. Gleichzeitig erhöht sich die logistische Komplexität. Eine klare Koordination und Governance werden entscheidend sein.
Partizipation als Schlüssel zum Erfolg
Föderale Strukturen und direktdemokratische Prozesse sind Aspekte, die Grossanlässe in der Schweiz besonders anspruchsvoll machen. Projekte sind auf eine breite Zustimmung angewiesen – insbesondere bei der Bevölkerung. Verschiedene Abstimmungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Akzeptanz von Grossprojekten stark davon abhängt, wie überzeugend der Mehrwert aufgezeigt wird und wie realistisch die Finanzierung gestaltet ist. Die Bevölkerung muss also von Beginn an einbezogen werden – über Dialogformate, Mitwirkungsprozesse und transparente Kommunikation. Das ist auch dem Team um Favre bewusst: Die Spiele sollen ein Projekt der ganzen Schweiz werden. Dabei sollen gerade auch touristische Leistungsträger wie Bergbahnen, Hotels und Destinationen frühzeitig eingebunden werden, denn sie sind für einen solchen Anlass unerlässlich. Favre ist sich sicher: Für die Leistungsträger und den ganzen Schweizer Tourismus eröffne sich eine einzigartige Bühne, um die Vielfalt, Qualität und Authentizität der Schweizer Destinationen zu präsentieren.
Finanzierung und politische Herausforderungen
Doch während der touristische und kulturelle Nutzen grundsätzlich anerkannt wird, bestehen in der Politik und der Bevölkerung weiterhin Vorbehalte gegenüber möglichen Kostenüberschreitungen und einem zu geringen Nutzen für die lokale Bevölkerung und die Wirtschaft. Das haben frühere Kandidaturen für Olympische Winterspiele deutlich aufgezeigt.
Grossanlässe erfordern umfangreiche finanzielle Mittel – sowohl für die Durchführung selbst als auch für begleitende Infrastruktur- und Sicherheitsmassnahmen. Im Hinblick auf das angespannte Bundesbudget ist die Bereitschaft des Bundes, sich finanziell zu engagieren, limitiert. Das Organisationsbudget von Switzerland 2038 stütze sich deshalb grösstenteils auf private Mittel wie IOC-Beiträge, Sponsoring und Ticketing-Einnahmen. Öffentliche Gelder sollen laut Favre nur punktuell eingesetzt werden, etwa bei der Bereitstellung lokaler Sportinfrastrukturen, Dienstleistungen des öffentlichen Bereichs, Sicherheitsmassnahmen ausserhalb der Sportstätten oder der Durchführung der Paralympischen Spiele. Ende Jahr soll das finale Dossier inkl. Budgetvorschlag dem Bund übergeben werden. Erst danach beginnt die eigentliche politische Diskussion auf nationaler Ebene – und damit auch die Bewährungsprobe für das Schweizer Verständnis von Grossprojekten im föderalistischen Kontext.
Chancen für den Schweizer Tourismus
Aus touristischer Sicht könnte das Projekt langfristige Impulse setzen. Die Schweiz würde ins internationale Rampenlicht rücken. «Die Welt wird nicht nur auf unsere Berge und Pisten, sondern auch auf unsere Gastfreundschaft, unsere Innovationskraft und unsere kulturelle Vielfalt blicken», ist sich Favre sicher. Der olympische Geist solle über die Austragung hinaus in der ganzen Schweiz spürbar bleiben – als Vermächtnis einer nachhaltigen und gemeinschaftlichen Vision.
Dieser Beitrag ist im Rahmen einer Content-Serie für den Newsletter Tourismuspolitik zum Thema Grossanlässe in Zusammenarbeit mit Frédéric Favre, CEO von Switzerland 2038 entstanden.
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