Lösungsansätze für die Herausforderung Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel stellt eine der grossen Herausforderungen für den Tourismussektor in der Schweiz dar. Vor allem die Branchen selbst sind gefordert, Lösungen zu finden. Zahlreiche Branchenverbände haben deshalb Projekte ins Leben gerufen, um den Nachwuchs zu fördern und die Attraktivität der Berufe im Tourismus zu steigern. Diese Massnahmen sind entscheidend dafür, dass die Leistungsträger genügend qualifiziertes Personal finden können. Gleichzeitig spielt auch der Bund eine zentrale Rolle, indem er für die passenden Rahmenbedingungen sorgt. Ein flexibler Arbeitsmarkt und die Vermeidung von Überregulierung sind dabei von besonderer Bedeutung.
Der STV sieht in verschiedenen Handlungsfeldern Potenzial, in denen der Bund den Tourismussektor noch stärker unterstützen könnte. Die Massnahmen betreffen nicht ausschliesslich den Tourismussektor, dieser ist aber in besonderem Masse darauf angewiesen:
- Inländisches Arbeitskräftepotenzial besser ausnutzen,
- Internationale Rekrutierung erleichtern,
- Mitarbeiter im Sektor halten,
- Wohnungsknappheit bekämpfen,
- Attraktivität der beruflichen Bildung erhöhen.
Inländisches Arbeitskräftepotenzial besser ausnutzen
Der Bund und weitere Akteure versuchen seit Langem und mit vielen Mitteln das Arbeitskräftepotential im Inland besser auszunutzen. Die Anreize, welche bisher gesetzt wurden, greifen jedoch nur teilweise. Durch gezieltere Massnahmen des Bundes können Unternehmen angeregt werden, Angebote zu kreieren, welche auch greifen. Zentral sind beispielsweise Massnahmen, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen. Ebenfalls gilt es Inklusion und Diversität im Arbeitsmarkt noch konsequenter zu fördern. Mit tieferen Abgaben und Unterstützung bei der Beschäftigung von älteren Arbeitnehmenden, Menschen mit Behinderung, anerkannten Flüchtlingen, vorläufig Aufgenommenen, u.w. können Unternehmen angeregt werden, sich für die Diversität und Inklusion im Arbeitsmarkt einzusetzen. Weiter müssen Quereinstiege in den Sektor erleichtert werden.
Internationale Rekrutierung erleichtern
Die Kooperation mit der EU ist auszubauen, um die Rekrutierung zu erleichtern. Auch der Zugang der Grenzgänger:innen zum Schweizer Arbeitsmarkt ist sicherzustellen. Die Erleichterung der internationalen Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften – auch im Drittstaatenbereich – durch vereinfachte Visa- und Arbeitsgenehmigungsverfahren würde dazu beitragen, den Personalmangel zu lindern und das Fachwissen im Tourismussektor zu bereichern. Weiter erhalten in der Schweiz ausgebildete Fachkräfte aus Drittstaaten kein Arbeitsvisa. Nach der absolvierten Ausbildung müssen sie ausreisen und die von uns ausgebildeten Fachkräfte fehlen weiterhin im Inland. Zielführend wäre deshalb ein erleichterter Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt für Fachkräfte aus Drittstaaten, welche eine Ausbildung auf tertiärer Stufe absolviert haben (Tertiär A und B).
Mitarbeitende im Sektor halten
Die touristischen Unternehmen müssen dabei unterstützt werden, attraktivere Arbeitsbedingungen anzubieten, damit die Mitarbeitenden langfristig im Sektor gehalten werden können. Innovative Arbeitsmodelle sind möglich und werden auch bereits gefördert. Dabei ist es wichtig administrative Abläufe nicht unnötig zu verkomplizieren, sondern Anreize zu schaffen. Zudem soll der Wissensaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Tourismusbetrieben gefördert werden. Durch die Schaffung von Programmen zum Mitarbeitenden-Austausch zwischen Betrieben und zwischen Saisonalitäten (Sommer: Stadt, Winter: Berge) können Fachkräften sichere und attraktivere Anstellungsbedingungen geboten werden.
Wohnungsknappheit bekämpfen
Die Wohnungsnot in den Berggebieten spitzt sich immer mehr zu. Auch das Personal ist auf Wohnraum in der Nähe des Arbeitsortes angewiesen. Durch Wohnungsknappheit für den Erstwohnungsmarkt akzentuiert sich auch der Fachkräftemangel. Wer keinen Wohnraum für sich und seine Familie in Aussicht hat, wird sich gegen eine Arbeitsstelle in dieser Region entscheiden. Aus diesem Grund hat eine Strategie für bezahlbaren Wohnraum in den Berggebieten Priorität. Dazu gehört, sich auf die Gegebenheiten der einzelnen Regionen einzulassen, neue innovative Wege – auch mit Blick auf bestehende Gebäude – zu beschreiten und Investitionen möglich zu machen. Die geltende Gesetzgebung ist zu komplex, Verfahren für Baubewilligungen dauern viel zu lange. Dies muss vereinfacht werden. Es darf nicht sein, dass touristische Betriebe, welche Arbeitsplätze in der Peripherie schaffen, unter Druck geraten. In diesem Kontext ist auch zu prüfen, ob es im Bereich der Zweitwohnungen und der Kurzzeitmieten regulatorische Massnahmen braucht. Um zukünftige Verbote möglichst zu verhindern, muss zuerst die Bevölkerung sensibilisiert und bestehende Regulierungen konsequent umgesetzt werden.
Attraktivität der beruflichen Bildung erhöhen
Der Tourismussektor profitiert von einem auf den Arbeitsmarkt ausgerichteten Bildungssystem. Sowohl Absolvierende von praxisorientierten Bildungsgängen als auch Hochschulabgänger sind wichtig für den Erfolg des Tourismussektors. In den letzten Jahren sind die Abschlüsse an den Fachhochschulen und Universitäten viel stärker gewachsen als bei den beruflichen Weiterbildungen an den höheren Fachschulen. Eine Stärkung und Attraktivierung der höheren Berufsbildung und des dualen Bildungssystems ist deshalb wichtig. Durch eine Aufwertung der Bildungsgänge können diese attraktiver gemacht werden. Die Höheren Fachschulen sollen zudem finanziell stärker von der öffentlichen Hand unterstützt werden. Im Vergleich zu anderen Angeboten der Tertiärbildung (FH oder Universitäten) werden die Höheren Fachschulen mehr durch die Studierenden und durch Arbeitgeber finanziert.
Ein Beitrag von Samuel Huber, Leiter Politik STV.